Erdgaspreisentwicklung und -prognose

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Die Auswirkungen der Energiepreisentwicklung der letzten Monate in Kombination mit den deutlichen Kostensteigerungen bei vielen Rohstoffen und Transportkosten wird nicht nur in diesem Jahr Auswirkungen auf viele Lieferbeziehungen und Wertschöpfungsketten haben. Ende des letzten Jahres wurde der Verband daher um Überprüfung von Preisanpassungen auf Basis von Strom- und Erdgaspreissteigerungen gebeten.

Begründet wurden die Kostenanpassungen wahlweise mit der Entwicklung der Spot- oder Terminmärkte und die gewählten Zeiträume für die angenommenen prozentualen Steigerungen wurden willkürlich festgelegt. Die resultierenden Kostensteigerungen können im Einzelfall zutreffen – dennoch besteht das Risiko, dass Preisanpassungen nicht gerechtfertigt sind. Grundsätzlich können und dürfen Energiekostensteigerungen weitergegeben werden. Und mit zunehmendem Energiekostenanteil am Produkt oder der Dienstleistung ist dies auch notwendig und gerechtfertigt. Die gewählten Grundlagen sollten jedoch transparent und nachvollziehbar sein. Der Verband berät und unterstützt Sie gerne auch bei diesem Thema.

Erdgaspreisentwicklung
Im vergangenen Jahr sind die Terminmarktnotierungen in Bereiche vorgestoßen, die selbst die Befürworter der Verteuerung von fossilen Brennstoffen nicht erwartet haben. Die Verteuerung von Erdgas durch das BEHG sollte unter anderem eine Lenkungswirkung entfalten, um eine klimafreundliche Stromerzeugung anzureizen. Die BEHG-Kosten für Erdgas bewegen sich in einem gesetzlich festgelegten Korridor zwischen 4,55 EUR/MWh (2021) und 10,01 EUR/MWh (2025). Bei einem von vielen Experten geforderten CO2-Preis von 80 EUR/t würde die Zusatzbelastung auf 14,56 EUR/MWh ansteigen. Die absoluten Steigerungen am Erdgas-Terminmarkt im letzten Jahr trugen dagegen 125,57 EUR/MWh für das Kalenderjahr 2022, 46,15 EUR/MWh für das Kalenderjahr 2023 und 14,90 EUR/MWh für das Kalenderjahr 2024.

Erdgaspreisprognose bis 2030

Die Erdgaspreise werden in den nächsten Jahren nicht nur von der Entwicklung des Börsenpreises und der Zusatzbelastung durch das BEHG geprägt sein, sondern auch von steigenden Netznutzungsentgelten. Seit 2016 sind die Netznutzungsentgelte der Netze BW GmbH für einen leistungsgemessenen Kunden um 3,6% pro Jahr angestiegen. Der angesetzte Energiepreis (Börsenpreis) der vergangenen Jahre basiert auf den ungewichteten Terminmarktnotierungen eines Jahres für das folgende Lieferjahr. In diesem Jahr steigt dieser Kostenbestandteil von 1,42 ct/kWh (2021) auf 3,37 ct/kWh. Unternehmen, die ihren kompletten Erdgasbedarf zu einem diskreten Zeitpunkt kontrahieren, mussten in den letzten Monaten Erdgaspreise zwischen 6 und10 ct/kWh für das Lieferjahr 2022 akzeptieren. Das ist teilweise mehr als das Doppelte im Vergleich zu einer diversifizierten Einkaufstrategie. Die Vorteile (Risikominimierung) von Tranchenbeschaffungsmodellen bis hin zu komplexen Portfoliomanagementverträgen mit Spot- und Terminmarktprodukten zeigen sich mit zunehmender Volatilität der Energiemärkte.

Die notwendige Transformation der Energieversorgung in Verbindung mit deren Begleitung und Kommentierung von zahlreichen Stakeholdern und selbsternannten Experten wird die Volatilität verstärken.

Am Beispiel von Nord Stream 2 lassen sich die Effekte auf den Erdgaspreis durch Aussagen von Behörden (Bundesnetzagentur), Politikern und NGOs sehr gut nachvollziehen. Deren anhaltende Kritik und die von Teilen der Politik geförderte Verzögerung bei der Inbetriebnahme der seit September fertiggestellten Pipeline, belasten weite Teile der Wirtschaft bis an ihre Grenzen - sofern keine Kostenweitergabe möglich ist. Wobei auch in den Fällen, in denen die Kosten entlang den Wertschöpfungsketten weitergegeben werden, die Belastung an Schluss die Konsumenten und damit die gesamte Gesellschaft entsprechend ihrer Belastungsfähigkeit zu tragen haben.

Unternehmen und Dienstleister, die die Kosten nicht weitergeben können oder im internationalen Wettbewerb stehen, müssen dagegen mit einer deutlichen Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage rechnen und Entscheidungen über die Aufgabe des Standortes oder einer Verlagerung von Produktion und Arbeitsplätzen ins Ausland treffen.

Neben der Ungewissheit über den Zeitpunkt der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 (vermutlich erst im 2. Halbjahr), werden die Energiemärkte zusätzlich durch den in der Silvesternacht publizierten Vorschlag zur EU-Taxonomie beeinflusst. Die Festlegung von Aktivitäten und Projekten als nachhaltig wird die Entscheidungen der Finanzmärkte und von Investoren stark beeinflussen.

Die Bewertung von Erdgas und Kernkraft als nachhaltig hat sehr kontroverse Reaktion hervorgerufen. Bis die endgültige Ausgestaltung der EU-Taxonomie entschieden ist, werden noch zahlreiche Aktivitäten der betroffenen Stakeholder Ausschläge an den Energiemärkten hervorrufen.

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